Referent Dr. Abraham stellt das Schicksal seiner deutsch-jüdischen Familie im Nationalsozialismus vor

Dr. Abraham referiert vor Schüler*innen der LvK-Realschule3. Reich, Nationalsozialismus, Holocaust, Antisemitismus… - solche und ähnliche Begriffe sind den Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 8 bis 10 aus dem Geschichts-, Reli- oder Deutschunterricht in Form von Texten und Fotos bekannt. Aber dieses furchtbare Kapitel deutscher Geschichte scheint für junge Menschen oft wenig greifbar, unfassbar, so weit weg… Umso wichtiger,  es mit Leben zu füllen, mit menschlichen Schicksalen und persönlichen Einschätzungen!

Dies gelang kurz vor Weihnachten Dr. Abraham, pensioniertem Physiker und Freigeist, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Jugendlichen von dem Schicksal seiner deutsch-jüdischen Familie zu berichten,  damit Präventionsarbeit zu leisten und auf Einladung von Frau Käckell einen Vormittag an unsere Schule gekommen war.

In einer Geschichtsstunde der besonderen Art erhielten die Schülerinnen und Schüler einen Überblick über die Geschichte des Judentums, der Judenvertreibung und –verfolgung. Abrahams Familie selbst stammt aus dem ostpreußischen Allenstein. Dort erlebten Teile der Familie den 1. Weltkrieg, die goldenen Zwanziger und auch den Nationalsozialismus. Andere Familienmitglieder zogen früh nach Berlin in der Hoffnung, die damals große jüdische Gemeinde könne unterstützen, wurden dann unter Hitler jedoch bald Opfer von Terror, Verfolgung, Flucht und Ermordung.

Schüler*innen werden in den Vortrag eingebunden

Anhand vieler persönlicher Aufzeichnungen, Fotos und Zeitungsberichte konnten die Schülerinnen und Schüler sich in Einzelschicksale hineinversetzen und bekamen einen Eindruck, wie jüdische Familien im 3. Reich lebten und verfolgt wurden. Dr. Abrahams Familie selbst wurde durch die Verfolgung der Nazis in alle Winde zerstreut und immigrierte z.B. nach Brasilien, in die damalige Sowjetunion oder die USA. Lediglich sein Vater kehrte als einziger nach Deutschland zurück. Aber die Familie wurde nicht nur getrennt - seine Tante und deren Familie wurden im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.

Im Anschluss fand im kleineren Kreise eine Gesprächsrunde statt, in der Herr Abraham auf die persönlichen Fragen und Betroffenheit der Schülerinnen und Schüler einging. „Wie konnte es soweit kommen?“, „In welcher Form war Widerstand möglich?“, „Wie sehen Sie die heutige Lage?“ Die Schüler brachten sich sehr interessiert und emotional in den intensiven Gedankenaustausch ein. 

Nationalsozialismus, 3. Reich, Judenverfolgung – längst nicht nur ein Thema aus den Geschichtsbüchern, sondern unsere deutsche Vergangenheit, in der es um „echte“ Menschen und Familien, Schicksale, Gefühle, Verfolgung, Abschied und Tod geht. Diese Einsicht und die Möglichkeit, nach- und mitzuempfinden, boten Abrahams Worte sicherlich mehr als dies durch das Studium von Texten möglich ist.

anschließende Gesprächsrunde im kleineren Kreis

Zum Schluss seines Vortrages forderte Herr Abraham die Schülerinnen und Schüler auf, auch im Hier und Jetzt Zivilcourage zu zeigen, wenn Menschen angefeindet oder ihnen mit Vorurteilen begegnet wird – besonders in Zeiten von wachsendem Nationalismus, in Zeiten, in denen antisemitische und fremdenfeindliche Tendenzen bis in den Bundestag vorgedrungen sind…
Oder, um es mit den Worten Dr. Abrahams 93jähriger Cousine Anita aus den USA zu sagen, die den Schülern liebe Grüße sandte: „Sorgt dafür, dass sich so etwas nie wiederholt!“

J.Käckell

Zuletzt geändert: Sonntag, 12. Januar 2020, 23:00